Wegen einer Vollsperrung auf der A2 verpasste Mirko Berendt am vergangenen Freitag das Spiel von Eintracht Braunschweig bei Union Berlin. Damit verpasste er zum ersten Mal seit 15 Jahren, 11 Monaten und 2 Wochen ein Auswärtsspiel seines Vereins. Wir haben ihn gefragt, wie eine solche Serie zu Stande kommt und welche Tipps er für andere Auswärtsfahrer hat.
Hallo Mirko, woran hat es genau gelegen, dass deine Serie jetzt gerissen ist?
Der Terminplan bescherte uns ein Spiel am Freitagabend bei Union Berlin. Eigentlich eine nette Sache, unter Flutlicht bei den Eisernen aus Köpenick antreten zu dürfen. Obwohl wir pünktlich um 14 Uhr in Braunschweig gestartet sind, sollte uns letztlich eine mehrstündige Vollsperrung auf der Autobahn 2 auf Höhe Ziesar zum Verhängnis werden. Vor uns hatte es wohl gleich mehrfach gekracht, sodass wir eine gefühlte Ewigkeit nicht vom Fleck kamen. Selbst als uns die Meldung unserer Fanbeauftragten erreichte, dass die Partie mit 30 Minuten Verspätung angepfiffen werden würde, konnte das Niemanden mehr erheitern. Es lagen noch immer 105 Kilometer zwischen uns und der Alten Försterei und selbst ein Eintreffen zur zweiten Halbzeit erschien uns utopisch. Als in Köpenick der Anpfiff zur zweiten Hälfte ertönte, wurden wir gerade erst von der Autobahn auf eine völlig verstopfte Landstraße geleitet. In Richtung Hauptstadt ging gar nichts mehr. Völlig gefrustet mussten wir knapp 100 Kilometer vor dem Ziel kapitulieren und umdrehen.
Weißt du noch, mit welchem Spiel deine Serie angefangen hat? Und wann warst du überhaupt das erste Mal bei Eintracht Braunschweig?
Mein letztes verpasstes Auswärtsspiel datiert vom 28.09.2001 bei Fortuna Köln. Damals hatte ich gerade einen neuen Job angefangen und wir spielten freitags im Südstadion in Köln. Danach folgten, beginnend mit einem Gastspiel bei Werder Bremens Zweitvertretung, 310 Pflicht-Auswärtsspiele in Folge. Dazu zählen Punktspiele von der 3. Liga bis zur 1. Bundesliga, sowie diverse Landes -und DFB-Pokalspiele. Warum ich immer von einer Auswärtsserie rede, hat einen einfachen Grund. 2004 habe ich ein Heimspiel gegen Holstein Kiel verpasst, weil wir für ein Länderspiel in Teheran waren und 2008 waren wir mit der DFB-Elf in Baku—zufälligerweise wieder während einem Heimspiel gegen Kiel.
Meine ersten Spiele im Eintracht-Stadion habe ich gemeinsam mit meinem Vater im zarten Jugendalter besuchen dürfen. Seit der Saison 1992-1993 war ich dann eigentlich immer am Start.
Wie schafft man es, über eine so lange Zeit jedes Spiel zu sehen? Gab es nie Krankheiten oder andere Termine?
Natürlich ist man während der 16 Jahre auch mal krank. Aber nie so, dass ich deswegen ein Spiel geschwänzt hätte. Ansonsten mussten andere Termine wie Familienfeiern, Geburtstage, etwaige Urlaube oder ähnliches hinten anstehen. Das sorgte anfänglich für Kopfschütteln bei Freunden und in der Familie, aber nach ein paar Jahren wusste jeder mit wem er es zu tun hat.
Was waren davor die größten Hindernisse?
Das größte Hindernis kennen wir alle: Das ist die oft recht kurzfristige Terminierung der DFL. Wenn beim lustigen Terminewürfeln Auswärtsspiele wie Montagabends in Ingolstadt oder an einem Nachmittag mittwochs in Reutlingen heraus kommen, ist bei vielen Schicht im Schacht. Dann steht man mit wenigen Gleichgesinnten im Gästeblock. Knapp war es auch schon öfter, meist wegen Staus oder unerwarteten Wetterkapriolen, bis zum vergangenen Freitag ist es aber immer gut gegangen.
Hast du irgendwelche Tipps für unsere Leser, wie man es schafft kurzfristig für ein Spiel frei zu bekommen?
Ich bin der Meinung „krankfeiern“ oder einfach mal „blaumachen“ ist ein schlechter Rat. Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Für die meisten Spiele reicht es hier und da mal ein paar Überstunden abzufeiern. Wenn das nicht reicht, muss Urlaub abgebaut werden. Ich bin da aber nicht sonderlich verschwenderisch. Manchmal müssen halt ein paar Stunden Halbschlaf auf der Rückfahrt reichen, um am nächsten Morgen wieder „fit“ zu sein. Wenn bei uns in der Firma doch mal Urlaubssperre ist, arbeite ich die benötigten Stunden vorher ein. Auch mein Chef weiß mittlerweile, warum ich des Öfteren mal eher gehe oder mal einen Tag frei brauche.
Denkst du, du kannst deinen eigenen Rekord noch einmal überbieten?
Mit dem am Wochenende anstehenden Gastspiel in Regensburg hätte ich 16 Jahre vollgemacht. Das schmerzt schon so sehr, dass ich vorerst keine neue Serie plane. Ziel ist und bleibt es aber weiterhin allen Pflichtspielen der Braunschweiger Eintracht im Stadion beizuwohnen. Ob ich noch einmal so viele Spiele am Stück sehen werde, steht in den Sternen. Wenn am Ende trotzdem wieder 10, 15 oder 20 Jahre dabei heraus kommen, werde ich mich sicher bei Euch melden.
Das Interview erschien zuerst bei Fanzeit.