Für den letzten Tag stand ein Spielbesuch beim Fulham Football Club im berühmten Stadion Craven Cottage auf dem Programm. Tagsüber stattete ich der White Hart Lane von den Tottenham Hotspurs einen Besuch ab.
Das Fulham-Spiel war erst um 19:45, am Morgen wurde ich dennoch früh geweckt. Eine panische Amerikanerin machte ziemlichen Lärm, weil sie ihren Pass nicht finden konnte. Ich versuchte ihr bei der Suche zu helfen, damit ich weiter schlafen konnte. Sie durchsuchte mehrmals ihre ganzen Sachen und wurde immer nervöser. Irgendwann bin ich einfach duschen gegangen, denn an Schlaf war nicht mehr zu denken. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was ich in der Dusche gefunden habe? Genau, ihr Umhängebeutel mitsamt Pass. Also setzte ich mich in die Lobby und versuchte das Internet durchzuspielen.
Nach einer Weile machte ich mich auf den Weg zur White Hart Lane. Das Stadion ist nicht direkt an das U-Bahn Netz angebunden. Es wird empfohlen von der Station Seven Sisters einen Bus zu nehmen. Das würde ich auch jedem raten, denn der Weg zieht sich ziemlich. Von außen sieht die White Hart Lane überhaupt nicht aus wie ein Stadion. Überdies erweckte der Security am Eingang den Eindruck eines Fabrikgeländes. Das Stadion ist ein großer Kastenbau mit vier gleich hohen Tribünen. Es ist komplett geschlossen und bietet keine Möglichkeit, einen Blick auf das Spielfeld zu erhaschen. Direkt vor dem Stadion gibt es mehrere Pubs. Um dem aufkommenden Harndrang nachzugeben suchte ich einen auf. Dieser bietet zusätzlich Gästezimmer an. Für Fans wahrscheinlich ein Traum, möchte man sich neben einem Spiel weitere Sehenswürdigkeiten in London ansehen, würde ich es eher nicht empfehlen. Denn das Stadion ist ziemlich weit draußen und hat, wie gesagt, keine U-Bahnanbindung. Insgesamt ist das Stadion schon ziemlich marode, deshalb hat der Verein bereits Pläne für ein neues Stadion. Das ist schade, denn dadurch verliert es den seinen Flair und die Pubs werden dem Neubau sicherlich auch zum Opfer fallen. Ich umrundete das Stadion soweit es ging. Teile sind bereits abgesperrt, denn das Areal für den Neubau wird bereits erschlossen.
Ich fuhr zurück zum Hostel, lud meine Oyster Card auf und fuhr Richtung Hammersmith and Fulham. Zum einen musste ich mir noch eine Karte besorgen und zum anderen wollte ich das Stadion genauer betrachten, sowie einen Pub aufsuchen. Die Haltestelle Putney Bridge erreichte ich ziemlich früh. Von dort läuft man etwa zehn Minuten bis zum Stadion. Üblicherweise umrunde ich Stadien gerne, um sie von allen Seiten zu betrachten. Hier ist das hingegen nicht möglich, denn hinter der Gegengerade fließt direkt die Themse. Von außen ist das Stadion eher unspektakulär. Es besticht vor allem durch seine erwähnte Wasserlage. Schön sind die alten Backsteinmauern und die von außen sichbare „Cottage“, der Namensgeber des Stadions. Die original Hütte wurde aber schon vor Jahren abgerissen. Karten zu bekommen war kein Problem, obwohl es am heutigen Tag das einzige Fußballspiel in der „9 Millionen“-Metropole war. Es gab noch Plätze direkt neben der berühmten „Cottage“. Die beiden deutschen, Flo und Roman, saßen jedoch auf der gegenüberliegenden Seite und so holte ich mir eine Karte exakt eine Reihe vor ihnen. Eine Wahl die ich nicht bereuen sollte.
Mit dem Ticket in der Tasche ging ich auf die Suche nach einem Pub namens „Crabtree“. Dieser befindet sich gleichfalls direkt am Fluss, etwa 10 Minuten vom Stadion entfernt. Die Empfehlung war er definitiv Wert, im Vergleich zum Boleyn Pub ist es hingegen eine andere Welt. Der Pub war so edel eingerichtet, dass man eigentlich automatisch einen Wein bestellen möchte. Das tat ich gerne, allerdings heißen Apfelcider. Durchaus lecker, den Vergleich mit der Frankfurter Version verliert er trotzdem. Flo und Roman meldeten sich. Sie wollten zunächst in der Nähe der Bahnstation etwas trinken, doch aus Mangel an Alternativen landeten sie schließlich ebenfalls im „Crabtree“. Um kurz nach sieben machten wir uns auf den Weg zum Stadion, 19:45 war Anpfiff. Das ist wirklich entspannt in England, man kann im Umkreis vom Stadion immer etwas Essen oder Trinken und der Einlass geht ziemlich schnell.
Wir saßen in einer der untersten Reihen, extrem nah am Spielfeld. Vor dem Spiel scherzten wir darüber später einen Ball abzubekommen und tatsächlich, während dem Spiel ist es passiert. Eine abgeblockte Flanke fliegt auf die Tribüne, Fans neben uns wehren den Ball ab und er landet in Flos Armen. Flo warf den Ball, allerdings direkt wieder zurück. So verpassten wir den Moment ein Selfie mit Ball zu machen und uns bei den übrigen Stadionbesuchern unbeliebt zu machen. In England gibt es nämlich nur einen Spielball. Landet dieser im Aus, laufen die Balljungen hin und werfen ihn zurück. Nur im Notfall, gibt es einen neuen Ball vom 4. Offiziellen. Möglicherweise ist das einer der Gründe, warum in England die Nachspielzeit häufig großzügiger ausfällt. Kurz vor Spielbeginn wurde zu meinem Erstaunen eine kleine Blockfahne über der Tribüne ausgerollt. Dazu gab es eine Schweigeminute für eine kürzlich verstorbene Vereinslegende. Das Spiel war voller Highlights. Fulham ging früh in Führung. Rotherham war jedoch zunächst überlegener und glich schnell aus. Kurz vor der Halbzeit konnte Fulham eine Flanke aus dem Halbfeld veredeln und ging mit einer 2:1 Führung in die Pause.
In der Pause versuchten wir einen Pie zu bekommen. Doch als wir endlich an der Reihe waren, waren diese bereits ausverkauft. Jetzt noch ein Bier zu bestellen machte auch keinen Sinn, denn die Partie hatte schon wieder angefangen. Einige trinkfreudige Engländer standen jedoch noch vor dem Block. Als ich an ihnen vorbeilief, riefen einige „New hat, new hat!“. Zuerst war ich etwas irritiert, doch ein Fan erklärte mir, dass sie versuchten Weihnachtsgeschenke zu erspähen. Ich weiss nicht, ob ich das Spiel richtig verstanden habe, aber ich würde sagen, das war ein Bingo. Eine Viertelstunde nach Wiederanpfiff gelang Fulham die Vorentscheidung zum 3:1. Zehn Minuten später sorgte der äußerst aktive McCormack für die endgültige Entscheidung. Das Stadionheft entlarvte ihn als einen Spieler der Kategorie Rooney, sowohl was die Art Fußball zu spielen anging, als auch seine geistigen Kapazitäten. Wenn er es nicht zum Fußballer geschafft hätte, wäre er wahrscheinlich ähnlich geendet wie Rooney im berühmten Nike Clip vor der WM 2010. Er verarbeitet einen Kopfball im 16er, dreht sich und zog aus 12 Metern sehenswert ab. Der Torwart hatte aus dieser Entfernung keine Chance zu reagieren. Das 4:1 und damit die endgültige Entscheidung. Insgesamt hatte Fulham die klareren Chancen, aber der Sieg fällt dennoch etwas zu hoch aus. Nach dem Spiel probierten wir noch ein paar Biersorten im „Crabtree“ und dann ging der letzte Abend in London zu Ende. Ein schöner Abschluss des Trips. Was Spiel und Stadion angingen, kann ich den Spruch: „Das beste kommt immer zum Schluss.“, definitiv unterschreiben.
Fazit und Tipps: London ist zwischen den Jahren unbedingt einen Besuch wert. Egal ob beim Fußball oder Dart, man trifft überall Fußballtouristen aus Deutschland oder anderen Ländern. Durch zwei Spieltage innerhalb weniger Tage hat in der Regel jeder Verein ein Heimspiel. Sollte es doch spielfreie Tage geben, können diese natürlich für Sightseeing, Stadionbesichtigungen oder ein Besuch beim Dart genutzt werden.
Karten für Premiere League Spiele sollte man sich vorher besorgen, in den unteren Spielklassen ist es in der Regel kein Problem erst am Spieltag zu kaufen. Insgesamt habe ich für 3 Spiele 85£ (ca. 115€) ausgegeben (West Ham 50£, Fulham 25£, Millwall 10£), was vergleichsweise günstig ist. Kauft man die Tickets bei Drittanbietern ist diese Summe locker für eine einzige Partie aufzubringen. Für Arsenal, Chelsea oder bei Topgegnern gehen in der Regel keine Tickets in den freien Verkauf. Möchte man diese Partien sehen, muss man den Umweg über Drittanbieter wohl dennoch gehen.
Zu beachten sind außerdem die, durch Feiertage, eingeschränkten Öffnungszeiten diverser Sehenswürdigkeiten, Pubs, Restaurants und vor allem dem öffentlichen Nahverkehr. Die U-Bahn fährt nur eingeschränkt und schließt abends ziemlich früh.
Mirkchief
Hier gibt es Part 1 und Part 2