„Wir sehnen uns in eine Zeit zurück, in der Hansa Rostock immer knapp dem Abstieg entronnen ist. Und nicht Hoffenheim.“

Das Oenningsche Fußballprinzip ist ein Sammelsurium an historischen
Fußballfundstücken. Sie erinnern an verrückte Ereignisse und fast vergessen geglaubte Spieler. Dabei haben sie häufig einen Bezug zum Tagesgeschehen und können so auch als alternative Newsseite mit deutlich höherem Unterhaltungswert gesehen werden. Nachfolgend haben sie ein paar Fragen zu den Quellen ihrer Inspiration und den schönen, sowie negativen Aspekten des Fußballgeschäfts beantwortet.

Wie seid ihr auf die Idee und den Namen gekommen? Die klassische Frage, was war zuerst da?
DOeFP: Den Namen hatten wir zuerst. Es begab sich zu einer Zeit, als wir mit Freunden und einigen Bier intus vor dem Fernseher saßen. In unserer fachmännischen Analyse prägte ein Bekannter, über die Spielweise Nürnbergs sprechend, den Begriff des „Oenning’schen Fußballprinzips“. Das wurde zum geflügelten Wort. Die Idee, eine Facebookseite für Fußballnostalgiker der 90er und 2000er Jahre zu machen, kam dann irgendwann hinzu. Wieder vor dem Fernseher bei der Partie St. Pauli gegen Düsseldorf (4:0, 6. April 2015) beschlossen wir dann einfach, die Seite aufzumachen. Unser erster Post war im Übrigen über den Sohn von Eyjölfur Sverisson, Thordur Eyjölfsson.

Wie steht ihr zu Michael Oenning? Hat er einmal eure/n Verein/e trainiert?
DOeFP: Michael Oenning war damals für uns eine Offenbarung. Seine Spielweise und seine Erfolge, sonst höchstens mit denen Michael Frontzecks und Holger Fachs vergleichbar, inspirierten uns im Alltag. Unsere Vereine hat er zwar nicht trainiert, aber als Co-Trainer der deutschen U18- und U20-Nationalmannschaft von 2000 bis 2004 hat er viele Spieler trainiert, die unsere Jugend intensiv beeinflusst haben.

Was sind eure persönlichen Fußballhelden, Idole oder Lieblingsspieler?
DOeFP: Das ist ganz unterschiedlich. Unsere gemeinsamen Top 3 bilden aber Michael Tarnat, Jiří Němec und aus unerfindlichen Gründen Ahmed Reda Madouni; international: Francesco Totti, Christiano Lucarelli und stereotypisch Ryan Giggs. Generell sympathisieren wir mit Spielern, die länger bei einem Verein bleiben und keine Wandervögel sind, zum Beispiel Ansgar Brinkmann.

Geht ihr selbst gerne ins Stadion? Welche Stadien oder Vereine schaut ihr euch am liebsten an?DOeFP: Stadientechnisch sind wir recht viel rumgekommen, dabei sind wir nicht so wählerisch. Atmosphärisch stechen das Millerntor, der Betzenberg und das Westfalenstadion heraus. Absolutes Highlight war eine tschechische Zweitliga-Partie, Bohemians 1905 gegen MFK OFK Karvina, wo es Marek Nikl und Jiří Kaufmann auf dem Platz und beeindruckende Pyro auf den Rängen gab.

Die Beiträge auf „Das Oeninng’sche Fußballprinzip“ haben immer Bezug zu aktuellen Themen, teilweise sogar schneller als Newsseiten. Wie schafft Ihr es, diesen redaktionellen Aufwand zu bewältigen? Wie viele Leute arbeiten an der Seite?
DOeFP: Wir arbeiten zu dritt an der Seite. Die Aktualität schaffen wir dadurch, dass wir Studenten sind und uns lieber mit dem Kader von Arminia Bielefeld aus dem Jahr 2003 beschäftigen, als mit Immanuel Kants kategorischem Imperativ oder keynesianischen Wirtschaftsmodellen.

Auf der Facebookseite gibt es keinerlei Links zu externen Seiten oder Kooperationen. Womit verdient ihr euer Geld?
DOeFP: Die Seite ist nicht auf kommerziellen Erfolg ausgelegt, wir machen das Ganze eigentlich nur zum Spaß. Als wir die Seite gründeten, schätzten wir die maximal mögliche Like-Anzahl auf 7. Nach einer Woche revidierten wir vorsichtig auf 11. Irgendwann nahm das Ganze seinen Lauf. Wir posten keine Werbung und machen keine, weil Facebook mit unseren persönlichen Daten schon genug an uns verdient. Dieses Interview ist unsere erste externe Kooperation.

„DOeFP“ bringt aktuelle News mit Bezug zu historischen Ereignissen. Was interessiert euch mehr, die größten Momente der Historie oder das aktuelle Tagesgeschehen?
DOeFP: Weder noch, uns interessieren eigentlich die kleinsten Momente der Historie, zum Beispiel als Andi Möller „gegen den HSV“ dem Schiedsrichter die gelbe Karte zeigte oder als Artur Wichniarek bei seiner Ankunft in Berlin als „weißer Brasilianer“ gefeiert wurde. Letzten Endes wünschen wir uns in die Vergangenheit, mit Zoltan Sebescen in der Nationalmannschaft und Nico Patschinski im Trikot von Eintracht Trier.

Für den Post zu Darlinton Omodiagbe musste ganz tief in der Erinnerungskiste gegraben werden. Wie stößt man auf so etwas?
DOeFP: Wir haben eine besondere Vorliebe für Spieler mit vielen Vokalen im Namen, deswegen sind Omodiagbe und Solomon Okoronkwo schon immer besonders häufig Thema. Darauf, dass der gute Darlington dann auch noch solch eine beeindruckende Serie hingelegt hat, stießen wir eigentlich aus Zufall.

Ihr habt größtenteils Anekdoten vom Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre, war das eure Lieblingsepoche in 50 Jahren Bundesliga? Sehnt ihr eine bestimmte Zeit zurück?
DOeFP: Das hat mit unserer Biographie zu tun – zu dieser Zeit war der Höhepunkt unseres Jahres, wenn der Vater das Kicker-Sonderheft mitgebracht hat. Deswegen werden für uns Spieler, die in den 80er-Jahren geboren wurden, auch immer Jungspunde bleiben, und deswegen sehnen wir uns in diese Zeit zurück, in der Hansa Rostock immer knapp dem Abstieg entronnen ist. Und nicht Hoffenheim…

„DOeFP“ beschäftigt sich hauptsächlich mit der Bundesliga, hat aber immer einen Blick über den Tellerrand hinaus. Welche Ligen findet ihr außerdem interessant?
DOeFP: Eigentlich finden wir alle Ligen interessant, die bei Fußball Manager simuliert wurden und echte Wappen hatten. Deswegen finden wir „La Liga“ auch erst seit 2004 spannend. Eine besondere Zuneigung hatten wir schon immer für die Serie A, so gesehen waren Vieri, Montella und Tommasi auch Helden unserer virtuellen Karriere. Seit kurzem hat auch die ungarische Liga einen gewissen Sexappeal, seit es zum Ausrangierplatz für ehemalige HSV-Trainer wurde.

Eure Spielerfotos schlagen ein wenig in dieselbe Kerbe wie „Mittelmäßige Fußballer der Bundesligahistorie“. Möchtet ihr diesen Spielern auch ein wenig huldigen?
DOeFP: Huldigen ist vielleicht das falsche Wort, aber wir möchten Spieler, die sonst in Vergessenheit geraten, wieder in Erinnerung rufen. Häufig wird uns auch geschrieben, dass diese fast vergessenen Stars unseren Lesern ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. So gesehen sind wir vielleicht das Internetpendant zu „Bundesliga Classics“ auf DSF.

Außerdem sind viele Bilder von Spielern, die nicht gerade als Techniker bekannt waren, wie beispielsweise Maik Franz oder Andreas Wolf. Seid ihr Fans der robusten Spielweise oder könnt ihr euch auch mit Tiki Taka anfreunden?
DOeFP: Tiki Taka ist natürlich auch fantastisch, aber für uns, ob unserer eigenen fußballerischen Limitiertheit, wenig nachzuvollziehen. Und die Christian Poulsens und Thomas Gravesens fehlen doch in der heutigen Zeit, in der jeder Spieler „verphilipplahmt“ wird, möglichst sauber spielen soll und danach noch erklärt, dass die Niederlage schade ist, aber man auf nächste Spiel schaut. Robuster Fußball ist ehrlicher Fußball.

Fußball ist in der heutigen Medienberichterstattung allgegenwärtig, nimmt der Fußball sich zu wichtig? Ist zum Beispiel der Wegbereiter von Schürrles Beziehung wirklich eine Meldung wert?DOeFP: Der Fußball nimmt sich viel zu wichtig, aber wir ihn auch. Ob der Wegbereiter von Schürrles Beziehung relevant ist, sei mal dahingestellt, aber was würden wir ohne die Information machen, dass Christian Lell im Spa-Bereich gern mal zulangt?

Man hat heutzutage das Gefühl, Spieler interessieren sich zunehmend mehr für ihren eigenen Markenwert als ihre Leistungen und Vereine holen Spieler nicht aus sportlichen Gründen, sondern um neue Märkte zu erschließen. Wie seht ihr diese Entwicklung?
DOeFP: Die ganze Chose war noch schön und lustig, als Naohira Takahara zum HSV kam und dann einige Japaner im Volkspark saßen. Mittlerweile finden wir das Ausmaß dieser Entwicklung aber auch nicht mehr schön. Wir denken, dass es da genug Anderen genauso geht und dass deswegen auch die Bundesliga der 90er und 2000er-Jahre besonders interessant ist – da nahbarer.

Mittlerweile können einzelne Tweets Verträge zunichte machen. Daher äußern sich die meisten Spieler und Trainer höchst diplomatisch, um sich jegliche Türen für die Zukunft offen zu halten. Könnt ihr dieses Verhalten nachvollziehen oder fehlt euch die Unangepasstheit?
DOeFP: Darauf antworten wir wie Walter Frosch und zünden uns erstmal eine Zigarette an. Kleiner Spaß, natürlich können wir nachvollziehen, dass man sich mediengewandt verhält. Für uns zählt ja jetzt auch erstmal das nächste Bier, da brauchen wir noch gar nicht an den Kartenspielabend nächste Woche denken…

11Freunde hatte neulich einen Artikel über Typen im Fußball. Mit Thomas Müller und Manuel Schmiedebach waren lediglich zwei Bundesligaspieler dabei. Gibt es überhaupt noch richtige Typen in der Bundesliga?
DOeFP: Es gibt noch Typen in der Bundesliga, aber sie sind nicht gewollt. Den Stempel „Problemprofi“ bekommt man ja heutzutage fast so schnell, wie man Nationalspieler wird. Tobias Weis lässt grüßen!

Viele Vereine versuchen, durch den Verkauf von Anteilen oder Sponsorings (Schalke 04 und Gazprom) und Partnerschaften (FC Bayern und Doha Airport) mit fragwürdigen Unternehmen, Gelder zu generieren. Wie weit sollten Vereine für den sportlichen Erfolg eurer Meinung nach gehen dürfen?
DOeFP: Pro Alkoholwerbung auf den Trikots! Hat Jägermeister bei Braunschweig negative Schlagzeilen gemacht? Oder Veltins bei Schalke (abgesehen vom Geschmack vielleicht)? Kommerzialisierung hat im Fußball die gleichen Folgen wie in den Chefetagen von Unternehmen. Da halten wir es mit Marc-Uwe Kling: Das ist systembedingt!

Zum Abschluss: Was wünscht ihr euch für die Zukunft von „DOeFP“ und der Bundesliga?
DOeFP: Auch wir wurden verphilipplahmt: Wir wollen den Leuten Spaß machen.
Für die Bundesliga wünschen wir uns, dass 50+1 bestehen bleibt und keine Zweiklassengesellschaft wie in England entsteht. In 15 Jahren sehen wir uns aber eher bei TeBe Berlin gegen die Reinickendorfer Füchse als bei RB Leipzig gegen Ingolstadt…

Vielen Dank für das Interview. Wenn ihr mehr vom Oenning’schen Fußballprinzip sehen wollt, besucht sie auf Facebook.

Mirkchief

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