Seit Monaten ist die FIFA in aller Munde. Zunächst wurden mehrere Funktionäre wegen des Verdachts auf Korruption festgenommen. Darauf kündigte Präsident Blatter seinen Rücktritt an, nur um ihn kurze Zeit später wieder zurückzunehmen. Schließlich wird auch gegen Blatter ein Verfahren eröffnet – Verdacht der Veruntreuung. Blatter und UEFA Präsident Platini werden für 90 Tage von ihren Ämtern suspendiert. Damit ist ihr Antritt zur Wahl eines neuen FIFA-Präsidenten im Februar 2016 in Gefahr. Schließlich wird der Verdacht von „schwarzen Kassen“ bei der Vergabe der WM 2006 nach Deutschland geäußert. Nicht zu vergessen, auch die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 stehen unter dringendem Verdacht nicht sauber abgelaufen zu sein. Alle Schlagzeilen haben eins gemeinsam, es geht um Bestechung, Veruntreuung und unlauteren Wettbewerb. Und sie weisen auf eines hin, die FIFA hat tiefsitzende strukturelle Probleme.
Das Wahlsystem spielt eine große Rolle bei den Problemen der FIFA. Bei Abstimmungen im Kongress spielt die Größe der nationalen Verbände keine Rolle. Der Verband der Cook Inseln hat dieselbe Entscheidungsmacht, wie der deutsche Fußballverband. Der DFB hat allerdings knapp sieben Millionen Mitglieder und die Cook Inseln nicht einmal 15.000 Einwohner. Dieses Ungleichgewicht begünstigt Korruption, denn kleine Verbände können bei Abstimmungen leicht beeinflusst werden. Eine Möglichkeit Verbände zu beeinflussen sind direkte Zahlungen.
Von der FIFA gibt es jährlich eine fixe Summe zur Unterstützung des nationalen Fußballs in der Höhe von 250.000$. Durch zusätzliche Hilfsprogramme gibt es die Chance noch weitere Gelder zu bekommen. Während die Gelder für große Verbände, wie den DFB, eher unbedeutend sind, kann es für kleinere Verbände eine überlebenswichtige Einnahmequelle sein. Wie groß der Einfluss dieser Gelder auf Wahlergebnisse ist, zeigt eine Aussage von Lee Harmon, Präsident der Cook-Inseln: “Wie viel Geld erhielt ein Verband von der Fifa, bevor Blatter Präsident wurde? Null. Ist das genug, um zu wissen, wieso wir für Blatter stimmen?”
Neben dem Versprechen von Hilfsgeldern ist auch die Vergabe von Rechten und Lizenzen ein probates Mittel um Stimmen zu gewinnen. Das kürzlich eröffnete Strafverfahren der schweizerischen Bundesanwaltschaft gegen Sepp Blatter, beinhaltet den Verdacht die Fernsehrechte für die Weltmeisterschaften 2010 und 2014 unter Marktpreis und damit gegen die Interessen der FIFA verkauft zu haben. Blatter hat die Rechte für 600.000€ an den damaligen Präsident der Karibischen Fußball Union Jack Warner verkauft. Dieser soll damit laut Schätzungen 15 -20 Millionen Dollar erwirtschaftet haben.
Die Probleme der FIFA sind hinlänglich bekannt, aber es ist schwer etwas dagegen zu unternehmen. Zwar wird ein jährlicher Finanzbericht auf freiwilliger Basis veröffentlicht. Außerdem wurde im Rahmen der Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 eine Ethikkommission eingeführt. Doch diese Maßnahmen dienen eher einer Imagekampagne. Schließlich wurde der ausführliche Bericht von Chefermittler Michael Garcia nicht veröffentlicht. In einer gekürzten Fassung werden die WM-Ausrichter und Offiziellen der FIFA von allen Vorwürfen freigesprochen. Daraufhin trat Garcia zurück. Wirklich unabhängige Kontrollgremien fehlen weiterhin.
Diese Intransparenz kann sich die FIFA nur aufgrund ihrer Monopolstellung erlauben. Wie groß ihre Vormachtstellung ist, demonstriert die FIFA bei jeder Weltmeisterschaft. Von den Ausrichtern fordert sie eine Steuerbefreiung, in Brasilien wurde sogar eine Gesetzesänderung verlangt. Für den Zeitraum der Weltmeisterschaft musste auf drängen der FIFA und Budweiser das Verbot des Alkoholausschankes in den Stadien aufgehoben werden.
Den Ausrichtern bleibt nichts anderes übrig als sich den Vorgaben der FIFA zu beugen, denn eine Weltmeisterschaft bietet große Chancen und Einnahmequellen. Ob mit oder ohne Blatter, ob die WM 2006 gekauft wurde oder nicht, die FIFA hat grundlegende strukturelle Probleme, die solche Situationen auch in Zukunft wieder hervorbringen werden – garantiert.
Mirkchief